Kirchhoffsche Gesetze

Der deutsche Physiker Gustav Robert Kirchhoff (1824 - 1887) formulierte im Jahr 1845 die nach ihm benannten Kirchhoffschen Gesetze. Sie beschreiben zwei fundamentale Regeln der Elektrotechnik:

  • die Knotenregel
  • und den Maschensatz.

Sie dienen zur Analyse elektronischer Netzwerke und werden in der elektrischen Schaltungstechnik eingesetzt. Sie beschreiben den Zusammenhang mehrerer elektrischer Ströme und mehrerer elektrischer Spannungen sowie ihrer Verteilung innerhalb einer elektronischen Schaltung.

Die weiter unten beschriebenen Regeln gelten für beliebig komplexe elektronische Schaltungen!

Das erste Kirchhoffsche Gesetz / Knotenregel

Das erste Kirchhoffsche Gesetz lässt sich auf zwei Arten formulieren, wobei die Kernaussage natürlich identisch ist:

  • Alternative 1: Die Summe der zufließenden Ströme in einem geschlossenen Stromkreis ist gleich der Summe der abfließenden Ströme.
  • Alternative 2: Die Summe aller Ströme aus Sicht eines Knotenpunktes ist 0.

Dies lässt sich sehr einfach an den folgenden Abbildungen und Formeln erkennen:

1. Kirchhoffsches Gesetz

Der Gesamtstrom Iges fließt in den mit "Stromzufluss" bezeichneten Knotenpunkt 1 hinein. Darunter sind drei parallel geschaltete Widerstände erkennbar. Iges teilt sich nun auf die drei Widerstände auf. Je kleiner der jeweils betrachtete Widerstand ist, umso größer ist der Strom, der ihn durchfließt. Iges teilt sich also in die Teilströme I1, I2 und I3 auf. Kirchhoff stellte fest, dass die Summe der drei Teilströme I1, I2 und Igleich dem Gesamtstrom Iges ist.

In Knotenpunkt 2 fließen die drei Teilströme I1, I2 und I3 wieder zusammen. Ihre Summe ergibt wieder Iges.

Mathematisch formuliert lautet die entsprechende Formel für dieses Beispiel mit drei Widerständen demnach:

1. Kirchhoffsches Gesetz (Formel)

Dies gilt natürlich auch für mehr als drei Ströme. Die allgemeingültige Formel lautet somit:

1. Kirchhoffsches Gesetz (allgemeine Form)

Das zweite Kirchhoffsche Gesetz / Maschenregel

Das erste Kirchhoffsche Gesetz betrachtet also die Ströme (bzw. deren Verteilung) in einem geschlossenen Stromkreis. Es liegt nahe, dass Kirchhoff sich im Anschluss hieran mit der Verteilung der elektrischen Spannungen beschäftigte. Schauen Sie sich hierzu einmal die folgende Abbildung an:

2. Kirchhoffsches Gesetz (Schaltbild)

Zunächst fällt auf, dass die drei Widerstände nicht parallel sondern in Reihe (hintereinander) geschaltet sind: Es gibt keinen Knotenpunkt, an dem sich der Gesamtstrom in Teilströme aufteilen kann. Daraus folgt, dass alle Widerstände vom gleichen Strom durchflossen werden.

Mit dem Ohmschen Gesetz lassen sich sehr einfach die Spannungen errechnen, die an jedem der Widerstände abfallen. Die Gesamtspannung Uges setzt sich demnach aus den drei Teilspannungen U1, U2 und U3 zusammen. Wenn aber nach dem ersten Kirchhoffschen Gesetz die Summe aller Ströme = 0 ist, so muss auch die Summe aller Teilspannungen = 0 sein. Dies funktioniert auch, wenn man davon ausgeht, dass die vom Generator erzeugte Spannung den Teilspannungen an den Widerständen entgegengesetzt wirkt. Zur Betrachtung der einzelnen Spannungen wurde daher der Begriff "Maschenumlauf" eingeführt (in der Abbildung durch den Kreis in der Mitte der Schaltung dargestellt). Wenn die Generatorspannung den Spannungen an den Widerständen entgegengesetzt wirkt, so kann man dies formelmäßig folgendermaßen beschreiben:

 

Sie sehen, dass Formel 15 identisch zu Formel 14 ist: Einzig die Formelzeichen für den Strom I in Formel 14 wurden durch das Formelzeichen für die Spannung U ersetzt.

Anwendungen

Vielleicht stellen Sie sich nun die Frage, wofür diese Formeln eingesetzt werden können. Die folgende Schaltung wird in zwei Beispielen verwendet:

Vorwiderstand und Spannungsteiler

Vorwiderstand

Eine typische Anwendung der Kirchhoffschen Regeln liegt in der Dimensionierung sogenannter Vorwiderstände. Sie werden verwendet, um Verbraucher an eine bestimmte Spannung anzupassen. Eine unerwünschte Eigenschaft elektronischer Schaltungen ist die Vergeudung von Energie: Diese wird als Wärme an die Umgebung abgegeben und geht somit verloren. Durch die Bestimmung eines geeigneten Vorwiderstandes kann dieser Effekt verringert werden. Der Vorwiderstand wird in der gezeigten Schaltung als R1 bezeichnet, der Verbraucher hat die Bezeichnung R2.

Vorwiderstand berechnen

Spannungsteiler

Eine weitere typische und häufige Anwendung der Erkenntnisse aus den Kirchhoffschen Gesetzen liegt in der Dimensionierung von Spannungsteilern. Die Anwendung hat große Ähnlichkeit mit der Berechnung von Vorwiderständen. Die Frage, die hier gestellt wird, lautet: Welchen Wert muss R2 haben, damit eine vorgegebene Spannung U2 an ihm abfällt?

Die Antwort wird durch Anwendung des zweiten Kirchhoffschen Gesetzes, der Maschenregel, eingeleitet.

Spannungsteiler berechnen

Anmerkung

Die beiden Formel(herleitungen) sind nur für den Sonderfall gültig, dass der Verbraucher unbelastet ist. Dies ist nur in den seltensten Fällen so: Besonders anschaulich wird diese Einschränkung bei der Dimensionierung von Spannungsteilern. Normalerweise wird U2 verwendet, um dahinter platzierte Komponenten mit einer genau definierten Spannung betreiben zu können. Verbraucher, die an R2 angeschlossen werden, belasten diesen Widerstand und sorgten dafür, dass die Spannung an ihm "zusammenbricht". Dies könnte beispielsweise eine nachfolgende Transistorschaltung zum "Treiben" weiterer Verbraucher (z.B. LEDs oder Motoren) sein. Der Port des Mikrocontrollers (dieser hat in der gezeigten Schaltung die Funktion des Generators) darf nicht überlastet werden, da er zerstört werden kann. Eine Überlastung kann sogar zu einer vollständigen Zerstörung des Microcontrollers führen. Bei der Besprechung von Transistorgrundschaltungen wird dieser Punkt noch genauer betrachtet.

Der eben beschriebene Sonderfall wirkt sich aber weniger stark aus, wenn der mit U2 "angetriebene" Verbraucher einen Widerstand hat, der im Vergleich zu R2 groß ist. Der Gesamtwiderstand parallel geschalteter Widerstände -- denn nichts anderes stellt die Kombination von R2 und dem Verbraucher dar -- ist kleiner als der kleinste Einzelwiderstand. Der Gesamtwiderstand parallel geschalteter Widerstände lässt sich folgendermaßen berechnen:

1/Rges = 1/R1 + 1/R2 + ... + 1/Rn.

Besteht das Widerstandsnetzwerk beispielsweise aus zwei Widerständen mit den Werten 10R und 1000R, so hat der Gesamtwiderstand gemäß der gezeigten Formel einen Wert von ca. 9,901 R. Sie können also erkennen, dass der Gesamtwiderstand nur unwesentlich kleiner geworden ist.